Kein Kursrisiko gleich kein Verlust? – Warum nicht notierte Wertpapiere in den Portfolios von Privatkunden nichts zu suchen haben – Kolumne von Marius Hoerner, ARTUS Asset Management AG
Viele Dinge, die man hört oder liest, registriert man nur am Rande. Aber einige bleiben dann doch hängen und werden in einem vielleicht ganz anderen Zusammenhang wieder bewusst.
Im Zuge der Berichterstattung über die Prokon-Genussrechte habe ich mir diverse Male die Frage gestellt, was Anleger dazu bewegt, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in ihrer Bilanz zum 31.12.2011 ein gezeichnetes Kapital von € 25.500,00 ausweist, zum damaligen Zeitpunkt ein Genussrechtskapital von über € 720.000.000,00 zur Verfügung zu stellen. Und warum es ganz offensichtlich Anleger gibt, die dann immer noch weiter investieren, denn aktuell steht eine Verdopplung im Raum – € 1,4 Milliarden.
Ich bin mir zwar nicht sicher, aber im Zweifel liegt es auch daran, dass die nicht notierten Genussrechte keinem Kursrisiko unterliegen. – Genau dieses Kursrisiko scheuen viele Anleger nach den immer wieder kehrenden Börsenturbulenzen der letzten 14 Jahre wie der Teufel das Weihwasser.
Zwangsläufig wird Intransparenz zu einem Verkaufsargument und Pluspunkt.
Im Gegensatz dazu gibt es die Mittelständler, die ihre Anleihen an der Börse notieren lassen, sich Vorschriften unterwerfen und zusätzliches Geld in die Hand nehmen, um externe Rating-Berichte erstellen zu lassen. Allerdings mit dem gravierenden „Nachteil“, dass die Anleihen täglich bewertet werden und es so – die Rückzahlung vorausgesetzt – zu temporären Kursverlusten kommen kann.
Es geht hier nicht darum, Genussrechte als Produkt schlecht zu schreiben. Ganz im Gegenteil. Genussrechte sind eine den Markt bereichernde Anlageform. Es geht vielmehr darum, zu verdeutlichen, dass nicht notierte Wertpapiere dem grauen Kapitalmarkt zuzuordnen sind und in den Portfolios von Privatkunden nichts zu suchen haben.
Da lobe ich mir den Markt der Corporate Bonds. Ob Mittelstandsmarkt oder Anleihen großer internationaler Unternehmen – grundsätzlich hat der Anleger immer die Chance, zwischen 70% und 50% seines Kapitals zu retten, wenn das emittierende Unternehmen in Schwierigkeiten kommt. Dies ist am grauen Kapitalmarkt nicht möglich. Da gilt „mit gefangen, mit gehangen“.
Aber was bewegt die Anleger, zu glauben, dass „kein Kursrisiko“ mit „kein Verlust“ gleichzusetzen ist?
Schaut man auf die Web-Seite der „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“ findet man dort eine Grafik auf der ganz eindeutig und zielgerichtet an Privatanleger steht: „nicht börsennotiert (kein Kursrisiko)“. Selbstverständlich ist dies auf die unnotierte Tagesanleihe, die Finanzierungsschätze und die Bundesschätze gemünzt. Schaut man sich aber an, was der Privatkunde laut Gesetzgeber heute an Risikobelehrung unterschreiben muss, um ein Standartwertpapier zu kaufen, darf man getrost davon ausgehen, dass „nicht börsennotiert“ als „kein Kursrisiko = kein Verlustrisiko“ verstanden wird. Zumindest fallen mir aktuell ca. 1,4 Milliarden Argumente ein, dass es so ist.
Marius Hoerner
Portfolio Manager
ARTUS Asset Management AG
Foto: ARTUS Asset Management AG
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