„Für Werder Bremen stellen Marke und Tradition ein Asset dar, dass in unserer Bilanz gar nicht erfasst wird“ – Interview mit Werder-Geschäftsführer Klaus Filbry

Montag, 17. Mai 2021


Die erste Unternehmensanleihe des SV Werder Bremen wird seit heute (17.05.2021) öffentlich angeboten. Sowohl über die Börse Frankfurt als auch über die Homepage der Werderaner kann die fünfjährige Anleihe 2021/26 (ISIN DE000A3H3KP5) mit Laufzeit bis zum 31. Juli 2026 gezeichnet werden. Das Emissionsvolumen beläuft sich auf bis zu 30 Mio. Euro, der jährliche Zinskupon wird zwischen 6,00 % und 7,50 % liegen. Die Anleihen Finder Redaktion hat mit Werder Geschäftsführer Klaus Filbry über die Anleihe-Emission und die sportliche Situation des Traditionsvereins gesprochen. Werder Bremen befindet sich einen Spieltag vor Saisonende auf dem Abstiegs-Relegationsplatz der Fußball-Bundesliga und hat sich am gestrigen Sonntag von seinem Chef-Trainer Florian Kohfeldt getrennt. Der ehemalige Werder-Coach Thomas Schaaf übernimmt für den letzten Bundesligaspieltag sowie für eine mögliche Relegation das Ruder an der Weser.

Anleihen Finder: Abstiegssorgen, hohe Verluste, Pandemie-Einschränkungen -sehr geehrter Herr Filbry, warum geht der SV Werder Bremen gerade jetzt den Weg auf den Kapitalmarkt?

Klaus Filbry: Auch wenn das Umfeld aktuell nicht einfach ist, Werder stellt sich noch stärker für die Zukunft auf. Werder Bremen kann auf eine Tradition seit 1899 zurückblicken und unsere Erfolge beruhen auch darauf, dass wir, wie auch immer das Umfeld aussah, Chancen genutzt haben. Das tun wir jetzt auch am Kapitalmarkt und agieren dabei aus einer Position der Stärke, denn im Rahmen einer institutionellen Privatplatzierung im Vorweg haben wir bereits Zeichnungszusagen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich erhalten.

Anleihen Finder: Warum ist das Finanzierungsinstrument der Anleihe für Sie derzeit zweckmäßig/ideal? Wofür sollen die Anleihemittel in Höhe von bis zu 30 Mio. Euro konkret verwendet werden? Welcher Anteil soll etwa in den Nachwuchs, in die Digitalisierung oder in den Kader fließen?

Klaus Filbry: Werder ist eine starke Marke mit rund 40.000 registrierten Mitgliedern. Unsere Marke ist auch für Sponsoren interessant und wertvoll, für Werder stellen Marke und Tradition ein Asset dar, dass in unserer Bilanz gar nicht erfasst wird. Wir glauben, dass die Anleihe für Investoren interessant ist und uns zusätzliche Chancen öffnet. Hierzu gehört auch, dass wir die genaue Aufteilung der Mittel, was nutzen wir für die Finanzstärkung und wie viel geben wir z.B. in die Nachwuchsförderung, je nach Entwicklung des Umfelds und der sich bietenden Möglichkeiten justieren können. Die Anleihe ist damit ein sehr flexibles Instrument für uns.

Anleihen Finder: Sie legen großen Wert darauf, die Anleihe nicht als „Fan-Anleihe“, sondern als herkömmliche Mittelstandsanleihe zu kennzeichnen. Warum eigentlich? Wen sprechen Sie mit der Anleihe an?

„120 Jahre Fußballgeschichte mit Höhen und Tiefen – über all die Zeit hat sich der kaufmännische hanseatische Weitblick bewährt“

Klaus Filbry: Bei der Anleihe eines Fußballvereins spielen sicher immer auch Emotionen mit. Aber wir haben die Werder-Anleihe ganz bewusst so konzipiert, dass Sie aus unserer Sicht für institutionelle Investoren und Privatanleger interessant ist. Natürlich freuen wir uns über jeden Zeichner, der Grün-Weiß im Herzen trägt und auch die Anleihe im Depot hat. Die Begeisterung für den Verein darf bei einer Finanzanlage – und das ist unser Bond – aber nicht die wirtschaftlichen Betrachtungen überlagern. Das wäre auch unseren Fans gegenüber nicht fair. Werder kann auf über 120 Jahre erfolgreiche Fußballgeschichte zurückblicken, mit Höhen und Tiefen. Aber über all die Zeit hat sich der kaufmännische hanseatische Weitblick bewährt.

Anleihen Finder: Der Zinskupon wird zwischen 6,00% und 7,50% p.a. liegen. Müssen Sie damit der Corona-Saison 2020/21 sowie der sportlichen Situation der letzten Jahre Tribut zollen?

Klaus Filbry: Wir zollen niemandem Tribut, sondern wollen vielmehr ein Finanzinstrument anbieten, das marktgerecht ist. Die bei vielen Fußball-Bonds übliche Kombination aus Minizins und Maxibegeisterung ist nicht unser Ansatz. Der während der Laufzeit feste Zins wird zwischen 6,00 und 7,50 % p.a. liegen, die genaue Höhe wird voraussichtlich am 1. Juni festgelegt. Wir glauben, hier eine für beide Seiten, Investoren und Werder, interessante Zinshöhe zu haben. Die Anleger erhalten ein attraktiv verzinstes Finanzinstrument und Werder kann flexibel Zukunftselemente gestalten.

Anleihen: Können Sie uns die Einnahmen-Struktur beim SV Werder Bremen kurz darstellen? Was hat sich durch die Corona-Pandemie verändert? Wie hoch sind die Verluste im Jahr 2020 gewesen und wie schätzen Sie die Situation für 2021 ein?

Klaus Filbry: Unsere Haupteinnahmen resultieren aus dem Spielbetrieb sowie aus Werbeeinnahmen und medialer Verwertungen. Dadurch, dass Corona bedingt vor leeren Tribünen gespielt wird, verzeichnen die Vereine natürlich Einnahmenrückgänge. Zudem war auch der Transfermarkt durch Corona deutlich belastet. Wir gehen aber davon aus, dass sich der Transfermarkt ab Mitte 2021 wieder normalisieren wird und Werder hier wieder höhere Einnahmen erzielt. Zudem haben wir unsere Kosten reduziert und sind noch effizienter geworden. Nach der Rückkehr zur Normalität gehen wir von einem wieder sehr hohen Interesse an der Bundesliga aus. Wir erwarten, dass wir im Laufe der nächsten Saison wieder vor Zuschauern spielen werden. Und wir gehen davon aus, dass die Fans ins Stadion drängen werden, wenn dies wieder möglich ist – um ihre Mannschaft zu sehen und das Fußball Live-Feeling endlich wieder zu genießen.

Anleihen Finder: Wie war die Entwicklung der wichtigsten Finanzkennzahlen von Werder in den letzten Jahren vor der Pandemie?

Klaus Filbry: Werder hat durch nachhaltiges Wirtschaften das Eigenkapital vor der Pandemie mehrere Jahre in Folge gesteigert. Ein einfacher Blick auf die Zahlen ist aber wenig aussagekräftig, da immer auch der Wert des Spielervermögens zu berücksichtigen ist. Dies ist natürlich eine Besonderheit bei Fußballvereinen. Hier zählt auch, wie aktiv der Verein am Transfermarkt und bei der Nachwuchsförderung war. So weist Werder seit Jahren hohe stille Reserven beim Spielvermögen auf.

INFO: Laut Wertpapierprospekt rechnet der SV Werder Bremen zum 30.06.2021 mit einem bilanziell negativen Eigenkapital von 26 Mio. Euro. Demgegenüber stehen laut Prospekt stille Reserven im Spielervermögen von rund 50 Mio. Euro nach Berücksichtigung von noch zu realisierenden Plantransfers. Der aktuelle Marktwert des Spieler-Kaders wird auf 106 Mio. Euro (siehe www.transfermarkt.de vom 11.03.2021) beziffert.

Anleihen Finder: Kommen wir nochmal zur sportlichen Situation: Werder befindet sich vor dem letzten Spieltag auf dem Abstiegsrelegationsplatz und mit Florian Kohfeldt wurde der Chef-Trainer nun entlassen – was würde der Abstieg in die 2. Liga in finanzieller Hinsicht für den SV Werder Bremen und indirekt auch für die Anleihegläubiger bedeuten? Können Sie uns die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen 1. und 2. Liga etwas einordnen?

„Bei einem Abstieg in die 2. Liga würde Werder die Kosten schnell anpassen, bei den Einnahmen ergäbe sich ein Rückgang von ca. 40 %“

Klaus Filbry: Wir gehen davon aus, dass Werder zur 1. Bundesliga gehört. Dennoch haben wir als vorsichtige Kaufleute natürlich auch die 2. Liga kalkuliert. Bei einem Abstieg in die 2. Liga würde Werder die Kosten schnell anpassen, bei den Einnahmen ergäbe sich ein Rückgang von ca. 40 %. Das Ziel wäre dann natürlich, schnellstmöglich wieder in der 1. Liga zu spielen. Und es ist ja auch vollkommen klar: Die Zeichnungsfrist unserer Anleihe läuft bis zum 1. Juni und dann wird auch der finale Zins festgelegt – zu diesem Datum steht fest, wie die sportliche Zukunft unseres Vereins in der kommenden Saison aussieht. Es gibt in dieser Hinsicht dann keine Unsicherheit für Anleger.

Anleihen Finder: Könnten Sie die jährlichen Zinszahlungen sowie die Rückzahlung der Anleihe in fünf Jahren auch bei durchgehender Zweitklassigkeit (2. Bundesliga) gewährleisten?

Klaus Filbry: Wie beschrieben, wir sehen Werder als erstklassigen Verein, können bei den Kosten aber auch kurzfristig reagieren. Sollte Werder wirklich in der 2. Liga spielen, und zwar länger, dann würden wir die sich bietenden Kosteneinsparungen nutzen – die Antwortet lautet also „ja“. Dies ist aber aktuell nur ein theoretisches Szenario, Werder gehört aus meiner Sicht, wie gesagt, in die 1. Liga.

Anleihen Finder: Neben der Anleihe haben Sie auch einen KfW-Kredit in Höhe von 20 Mio. Euro erhalten. Wofür wurden die Mittel eingesetzt und wie sollen die Verbindlichkeiten in Gänze in den kommenden Jahren abgebaut werden?

„Durch die Rückkehr der Einnahmen zur Normalität bei gleichzeitiger Zurückhaltung bei den Kosten können wir zusätzliche Finanzierungsspielräume schaffen“

Klaus Filbry: Die Corona-Pandemie hat natürlich auch im Fußball für deutliche Einschnitte gesorgt, wir haben die Auswirkungen u.a. mit dem KfW-Kredit abgefedert. Wir gehen davon aus, wie geschrieben, dass sich der Transfermarkt ab Mitte 2021 wieder normalisieren wird und wir im Laufe der kommenden Saison auch wieder vor Zuschauern spielen werden. Die Begeisterung für Fußball ist ungebrochen. Durch die Rückkehr der Einnahmen zur Normalität bei gleichzeitiger Zurückhaltung bei den Kosten können wir zusätzliche Finanzierungsspielräume schaffen, die wir dann auch für die Rückführung nutzen wollen.

Anleihen Finder: In der Fanszene wird die Anleihe-Emission kritisch gesehen – was entgegnen Sie Ihren treuen Anhängern diesbezüglich?

Klaus Filbry: Wir haben auch sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, dass Werder in Zeiten wie diesen ein solches Finanzinstrument nutzt. Werder schafft sich so zusätzlichen finanziellen Spielraum, um auch in Zukunft an die sportlichen Erfolge der Vergangenheit anknüpfen zu können. Werder bleibt dabei Werder.

Anleihen Finder: Wie soll Werder Bremen in den kommenden Jahren wieder in die Erfolgsspur kommen – sowohl sportlich als auch wirtschaftlich – haben Sie einen (Master-)Plan?

„Unser Ziel ist es, Werder wieder in der Bundesliga nach oben zu führen“

Klaus Filbry: Wir haben eine Vorreiterrolle im Bereich Umwelt und Soziales. Unsere Marke ist stark und Werder steht für erfolgreichen Fußball. Hierzu gehört auch die gute Jugendarbeit, die mit den Mitteln aus der Anleihe ja auch gefördert werden soll. Im Fußball kann es Phasen geben, die eine Nachjustierung erfordern, wichtig ist aber, wieder aufzustehen und als Team weiter zu kämpfen. Unser Ziel ist es, Werder wieder in der Bundesliga nach oben zu führen. Da, wo Werder aus meiner Sicht hingehört.

Anleihen Finder: Zum Abschluss noch Ihr Plädoyer: warum sollten Investoren dem SV Werder Bremen auch in diesen schwierigen Zeiten Ihr Geld anvertrauen?

Klaus Filbry: Wir haben aus unserer Sicht ein für institutionelle Investoren und Privatanleger gleichermaßen attraktives Angebot. Ein guter Zinssatz mit einem Schuldner, der auf über 120 Jahre erfolgreiche Geschichte zurückblicken kann und über eine starke Marke und eine tolle Mitgliedergemeinschaft und Fanbasis verfügt.

Anleihen Finder: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg sowohl bei der Anleihe-Emission als auch beim Kampf um den Klassenerhalt, Herr Filbry.

Anleihen Finder Redaktion.

Titelfoto: pixabay.com

Weitere Fotos/Bilder – Credit: SV Werder Bremen

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