Thomas Morgenstern, Scope Ratings: „Rating aus der Perspektive des institutionellen Investors“

Mittwoch, 25. September 2013

Die Rating Agentur Scope Ratings fasst im Marktsegment der mittelständischen Unternehmensanleihen immer mehr Fuß. Ein Grund für die Anleihen Finder Redaktion, Thomas Morgenstern, Geschäftsführer von Scope Ratings, einige Fragen zu stellen.

Anleihen Finder: Sie haben in der jüngeren Vergangenheit viele unbeauftragte Ratings von Emittenten von Mittelstandsanleihen veröffentlicht. Nun werden immer mehr dieser Ratings bei Ihnen „offiziell“ beauftragt. War das die Intention hinter der „Incentive-Strategie“?

Thomas Morgenstern Scope RatingsThomas Morgenstern: Der Markt für Mittelstandsanleihen ist sehr wachstumsträchtig und daher für uns interessant geworden. Zu Beginn unseres Engagements war uns wichtig, eine gewisse Marktabdeckung zu schaffen, also durch mehrere (insgesamt 37) unbeauftragte Ratings eine Vergleichbarkeit der Emissionen für institutionelle Investoren zu ermöglichen. Übrigens: Auch bei den unbeauftragten Ratings wurden die Emittenten von uns über den Ratingprozess informiert und hatten die Möglichkeit, sich einzubringen. Inzwischen haben wir 9 beauftragte Anleihe- und Emittentenratings erstellen können – und dies, obwohl das Scope-Urteil oft etwas „konservativer“ ausfällt als das vieler Mitbewerber.

Anleihen Finder: Im Bereich der Unternehmensanleihen von deutschen Mittelständlern gab es in diesem Jahr einen wahren Emissions-Boom. Entsprechend viele Ratingagenturen drängen inzwischen in diesen Markt (neben Creditreform und Euler Hermes auch die Feri EuroRating Services sowie Standard & Poor’s). In wie weit will sich Scope Ratings weiter in diesem Markt engagieren und wo sehen Sie Abgrenzungsmöglichkeiten gegenüber der Konkurrenz?

Thomas Morgenstern: Unter anderem zeichnet unser Ratingansatz sich dadurch aus, dass wir den Schwerpunkt nicht nur auf historische Geschäftsergebnisse legen, sondern dass unsere Ratings auch auf Validierungsstudien von bis zu zwei Millionen Datensätzen europäischer Unternehmen der vergangenen Jahre beruhen. Neben dieser point-in-time-Betrachtung fließt auch die prognostizierte zukünftige Entwicklung in die Ratingnote mit ein, wie beispielsweise die Analyse des Marktumfeldes, des Geschäftsmodells sowie der Unternehmensstrategie.
Aktuell ist es auf dem Markt für Mittelstandsanleihen so, dass fast 85 Prozent der Ratings ein Jahr nach der Ausgabe der Anleihe heruntergestuft werden (So verschlechtert sich ja allein durch die Anleihe-Emission die Eigenkapitalquote. Anm. der Redaktion). Das ist seltener der Fall, wenn gleich bei der ersten Rating-Erstellung auch zukünftige Entwicklungen mit einbezogen werden. Dazu muss man jedoch sagen, dass gerade Mittelständler im Vergleich zu großen diversifizierten Unternehmen wie Daimler beispielsweise aufgrund des Geschäftsmodells sehr branchenabhängig sind und es daher auch aufgrund von Entwicklungen in der jeweiligen Branche der Emittenten zu veränderten Ratings kommen kann.

Anleihen Finder: Die meisten Emittenten von Mittelstandsanleihen lassen ein Unternehmensrating erstellen. Halten Sie dies für sinnvoll oder würden sie – wie von einigen Branchenvertretern gefordert – eher zu einem Emissionsrating raten?

Thomas Morgenstern: Ich kann mich den Kollegen, die mehr Emissionsratings fordern, nur anschließen.
Sicherlich ist das Unternehmensrating die Grundlage für ein Rating der Anleihe. Ein Emissionsrating geht aber einige wichtige Schritte über das Unternehmensrating hinaus. Dies ist besonders dann wichtig, wenn die Anleihe besichert ist. Sollte der Default des Unternehmens eintreten, würden die Anleihegläubiger durch den Besicherungsanteil vor den anderen Gläubigern bedient werden und wären nicht „einer von vielen“. So etwas fließt in das sogenanntes „Recovery Rating“ ein, das eine Aussage darüber macht, wie viel Prozent seines Geldes der Anleihegläubiger im Falle einer Insolvenz zurückbekommen würde.
Auch im Emissionsprospekt festgelegte Covenants sind ein wichtiger Teil des Emissionsratings. Sie legen beispielsweise fest, unter welchen Bedingungen der Gläubiger oder die Emittentin ein Sonderkündigungsrecht haben. Diese Covenants können sehr vielschichtig sein und nicht jeder Anleihezeichner hat die Zeit und die Lust, den ganzen Prospekt durchzuarbeiten. Dies übernehmen wir dann für ihn und bewerten, was – aus der Perspektive des institutionellen Investors, für den wir unser Rating ja erstellen – wichtig ist.

Anleihen Finder: Herr Morgenstern, vielen Dank!

Anleihen Finder Redaktion

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